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Paritätische Forderungen zur anstehenden Innenministerkonferenz

Im Vorfeld der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat sich der Paritätische Gesamtverband in einem Brief an die Teilnehmer*innen zu verschiedenen flüchtlingspolitischen Angelegenheiten geäußert. Darin fordert er unter anderem Vertrauen in hiesige Strafverfahren statt Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan, Abschiebestopps für den Iran und Irak, sowie einen kritischen Blick auf die Zustände auf den wichtigsten Fluchtrouten nach Europa.

Der Schwerpunkt des Briefs liegt auf aktuellen Debatten zur Abschiebung unterschiedlicher Personengruppen. Zunächst nimmt der Brief Stellung zu den jüngsten Forderungen, Straftäter nach Afghanistan oder Syrien abzuschieben. Der Verband weist dabei unter anderem auf die unbedingte Geltung der Menschenrechte hin. Demnach gilt auch für Straftäter das Verbot der Abschiebung, wenn im Zielland Folter oder erniedrigende Behandlung drohen. Beides ist sowohl für Afghanistan wie auch Syrien der Fall. Stattdessen sollten die hier geltenden und funktionierenden strafrechtlichen Verfahren angewandt und ein Augenmerk auf die Prävention von Radikalisierungsprozessen gelegt werden.

Daneben fordert der Verband Abschiebestopps für den Iran sowie für Jesid*innen in den Irak. In beide Länder wurden jüngst wieder Abschiebungen vorgenommen. Im Iran drohen Hinrichtungen, willkürliche Verhaftungen und Strafverfolgung, Inhaftierung, Folter und schwere Körperstrafen. Die IMK wird aufgefordert, den erst im letzten Jahr ausgelaufenen Abschiebestopp für den Iran erneut zu beschließen. Desaströs ist auch die Lage der Jesid*innen im Irak. In den riesigen Flüchtlingslagern dort gibt es weder eine adäquate psychische Betreuung für die zahlreichen Überlenden des grausamen Völkermords durch den IS, noch Zugang zu Bildung. Die Selbstmordrate unter Jesid*innen im Irak nimmt stark zu, insbesondere unter Folterüberlebenden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht nicht.

Der Verband äußert sich auch ablehnend zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verbots missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen. Dieser schafft auf ungenügender empirischer Basis einen Generalverdacht des Missbrauchs aufenthaltsrechtlicher Regelungen. Darüber hinaus verletzt er unverhältnismäßig zahlreiche geltende Grundsätze des deutschen Rechts. Die ohnehin bereits stark beanspruchten Ausländerbehörden drohen zudem durch die Zustimmungspflicht weiter belastet zu werden.

Darüber hinaus weist der Verband darauf hin, dass bei einer Beschleunigung von Asylverfahren vor der Anhörung auf die Gewährleistung von Asylverfahrensberatung zu achten ist und die entsprechenden Bundes- und Landesprogramme erhalten und ausgebaut werden müssen. Hinsichtlich der Entlastung der Ausländerbehörden verweist er auf das Potential der Abschaffung von Wohnsitzauflagen und Residenzpflichten sowie jeglicher Arbeitsverbote.

Abschließend weist der Paritätische auf die stark rückläufigen Zahlen irregulärer Grenzübertritte auf der Westbalkanroute wie auch dem zentralen Mittelmeer hin. Die im Vergleich zu 2023 um ca. 20% niedrigeren Asylantragszahlen dürften daher zu einem großen Teil auch auf die massiven militärischen und polizeilichen Maßnahmen und Pushbacks zurückgehen, die Menschen insbesondere in Serbien und nordafrikanischen Staaten wie Tunesien ausgesetzt sind. Statt die sinkenden Antragszahlen nationalen Maßnahmen zuzuschreiben, sollte vielmehr das menschenrechtswidrige Vorgehen dieser Staaten untersucht und enstprechende Konsequenzen gezogen werden.